Alternative Medizin

Glaubt man den Statistiken, so wenden ungefähr 60 Prozent der deutschen Bevölkerung neben der Schulmedizin mehr oder weniger überzeugt auch komplementärmedizinische Methoden an.

Alternativmedizin ist eine Sammelbezeichnung für viele recht unterschiedliche diagnostische Konzepte und Therapiemethoden. Ganz wichtig zu verstehen ist, dass keine einzige Methode der alternativen Medizin den Anspruch erhebt, die Schulmedizin ersetzen zu können oder zu wollen, sondern sich klar als gute Ergänzung derer versteht.

Alternativmedizin und Naturheilkunde sind nicht dasselbe

In der klassischen Naturheilkunde werden all jene Heilmittel genutzt, die uns die Natur bietet. Gute Beispiele dafür sind die Kneipptherapie (Wasser), die Lichttherapie (Sonne), die Atemtherapie (Luft) und das gesamte Feld der Pflanzenheilkunde. Ausdehnen lässt sich die Naturheilkunde gewiss noch auf die Ernährungslehre und auf jegliche Bewegungsübungen, wozu ich auch Tai-Chi, die fünf Tibeter oder Feldenkrais zählen möchte.

Alternativmedizin ist deshalb mehr, weil es dazu einen erfahrenen Therapeuten braucht, der den Patienten wie ein Arzt behandelt. Zum Einsatz kommen dabei zum Beispiel:

  • Akupunkturnadeln oder Spritzen (NPSO oder Neuraltherapie) sowie Schröpfgläser
  • Die Hände bei Chiropraktik, Rolfing, Osteopathie oder Akupunktmassage nach Penzel
  • Medikamente oder Heilpflanzen bei der Homöopathie, der Orthomolekularen Medizin oder Spagyrik*

Ich gebe zu, dass die Abgrenzung zwischen beiden Feldern, die sich zum Teil überlappen, nicht immer ganz einfach ist, ich denke dabei zum Beispiel an die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM).

Darüber hinaus gibt es noch etliche Verfahren, die als „Außenseitermedizin“ bezeichnet werden und von der Schulmedizin als „paramedizinische Therapien“ nicht ganz ernst genommen werden. Dazu zählen beispielsweise Heilsteine, Geistheilung, Reiki oder „Auro Soma“.

Alles fließt

Tatsächlich unterliegt alles dem Wandel der Zeit beziehungsweise dem Zeitgeist. Vor gut 100 Jahren war Pfarrer Kneipp mit seiner Wasserheilkunde als „Quacksalber“ verschrien und wurde von den Schulmedizinern in die Schublade der verhassten Paramedizin gesteckt.

Heilpraktikern, die kranken Menschen mit Homöopathie oder Akupunktur helfen wollten, ging es noch bis in die 1980er Jahre hinein ganz ähnlich. Doch heute sind diese Verfahren endlich ein fundamentaler Bestandteil der „Alternativmedizin“, aus der diese Heilverfahren gar nicht mehr wegzudenken sind:

  • Akupunktmassage nach Penzel
  • Akupunktur
  • Chiropraktik
  • Homöopathie
  • Orthomolekulare Medizin
  • Osteopathie
  • Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
  • Yoga

Alternative Medizin – Definition und die damit verbundenen Probleme

Die identische Bezeichnung Komplementärmedizin beinhaltet das lateinische „complent“, das mit „Ergänzung“ übersetzt werden kann. Das ist in der Tat treffend, denn die Methoden der Alternativmedizin erheben gar nicht den Anspruch, eine Alternative zur Schulmedizin zu sein, sondern sie sehen sich lediglich als eine wertvolle Ergänzung.

Optimal ist daher in den meisten Anwendungsfällen ihre ergänzende Integration in klassische Therapien. Man spricht in diesen Fällen zu Recht von „integrativer Medizin“.

Wie definiert nun die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die alternative Medizin?

Die Begriffe Alternativmedizin / Komplementärmedizin (CAM) umfassen ein breites Spektrum von Heilmethoden, die nicht Teil der Tradition des jeweiligen Landes sind und nicht in das dominante Gesundheitssystem integriert sind.

Sie geht also ganz klar davon aus, dass es nur eine „richtige Medizin“ geben kann, und das ist nun mal die Schulmedizin. Dabei ist es der WHO völlig egal, dass viele Verfahren der Naturheilkunde zum einen sogar wirkungsvoller und zum anderen nebenwirkungsärmer sind als die entsprechenden schulmedizinischen Ansätze. Das ist nicht nur eine Behauptung, die ich hier einfach so auf geduldiges Papier schreibe:

  • Richtig nachgewiesen ist eine gute Wirksamkeit bei leichten bis mittelschweren Depressionen für Johanniskraut.
  • Mehrere Studien bestätigen der Akupunktur bei Kopfschmerzen, Kniegelenk-Arthrose und Rückenschmerzen zum Teil größere Erfolge als den klassischen Behandlungsformen.
  • Andere, neuere Studien belegen, dass Yoga deutliche Schmerzlinderung bei Rückenschmerzen bewirkt.

Ohne eine gute schulmedizinische Diagnostik ist eine erfolgreiche Behandlung nicht denkbar. Es hat sich dann fast immer als großer Vorteil erwiesen, wenn die klassische Therapie mit Methoden der Komplementärmedizin kombiniert wird. Doch es gibt noch immer viele Kritiker, die die Behandlungserfolge der alternativen Medizin auf den sogenannten Placebo-Effekt reduzieren. Um anerkannte, wissenschaftliche Studien kommen wir nicht herum, wollen wir die Wirksamkeit von alternativen Therapien belastbar unter Beweis stellen. Aber was kommt dafür infrage?

Randomisierte Vergleichsstudien haben sich allgemein durchgesetzt

In diesem Fall werden Patienten mit gleichartigen Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Kniegelenk-Arthrose nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe I wird zum Beispiel mit Methoden der chinesischen Medizin therapiert, die Kontrollgruppe II dagegen ausschließlich schulmedizinisch. Auf diese Weise lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Therapieform und Behandlungsergebnis relativ zweifelsfrei nachweisen.

Die vier Säulen der alternativen Medizin

Einige der alternativen Heilverfahren sind zum Teil schon längst in Vergessenheit geraten, haben aber gerade in den letzten Jahren wieder eine fulminante Renaissance erlebt. Worum geht es da zum Beispiel?

  • Bestimmte Diäten gegebenenfalls im Konzert mit Nahrungsergänzungsmitteln wie Kräuter, Vitamine, Mineralstoffe oder Pflanzenwirkstoffe.
  • Harmonie von Körper und Geist kann mithilfe von Meditation oder Yoga hergestellt werden.
  • Manuelle Verfahren wie Chirotherapie und Osteopathie.
  • Weitere Verfahren, die sich beispielsweise des menschlichen Energiefeldes bedienen (Reiki).

Der Begriff „Naturheilverfahren“ beziehungsweise „Naturheilkunde“ geht übrigens auf den Arzt Dr. Lorenz Gleich (1798 – 1865) zurück. Die klassischen Naturheilverfahren gründen auf den „Fünf Säulen“ gemäß Sebastian Kneipp:

  1. Physikalische Therapien wie Bäder, Güsse, Wickel, Auflagen, Wassertreten, Wärme- und Kälteanwendungen
  2. Bewegungstherapie, zum Beispiel Ausdauer- oder Krafttraining und Physiotherapie
  3. Ernährungstherapie
  4. Die Phytotherapie aus der Pflanzenheilkunde
  5. Die Ordnungstherapie ist als eine Anleitung zu einem gesunden Lebensstil zu verstehen

Inzwischen stoßen diese Verfahren in der Schulmedizin nicht mehr auf Ablehnung, denn sie sind wissenschaftlich gut untersucht. Ganz im Gegenteil, sie werden sogar gern und gezielt in der Rehabilitation, zum Beispiel in der Krebsnachsorge eingesetzt.

Zu den erweiterten Naturheilverfahren gehören beispielsweise die sogenannten ausleitenden Verfahren wie das Schröpfen oder die Blutegeltherapie und die Mikrobiologie sowie die Elektro- und Neuraltherapie. Auch sie sind wissenschaftlich weitgehend belegt und werden daher von immer mehr Schulmedizinern als hilfreiche Zusatzbehandlungen akzeptiert. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch noch die Schüßler-Biochemie, die Spagyrik* und die Bachblüten-Therapie.

* Sehr altes, ganzheitliches Naturheilverfahren zur Arzneimittelherstellung. Dabei werden Wirkstoffe aus Pflanzen auf besondere Art und Weise getrennt, bearbeitet und danach wieder zusammengeführt.